[Technologiebeschreibung
Reduktionshautcraquelé in Ochsenblutrot]
Vor ca. 600 Jahren, in der
chinesischen Ming Dynastie Xuande Periode (1426-35) wurden erstmals
Gefäße in dem bekannten „Lang
Yao“-Rot gefertigt, welches auch als Sang-de-boeuf
oder Ochsenblutrot bekannt ist, und unter großer
Geheimhaltung in China und Korea in wenigen Werkstätten
praktiziert wurde.
Im ausgehenden 19. Jahrhunderts
gelang es Hermann Seger in der von ihm gegründeten
chemisch-technischen Versuchsanstalt der Königlichen
Porzellanmanufaktur Berlin, eine ochsenblutrot-ähnliche Glasur
auf seinem neu entwickeltem Weichporzellan zu bringen, welches von
seinem Nachfolger, Albert Heinicke, jedoch nicht weiter verfolgt
wurde.
Erst in den 40iger Jahren des letzten
Jahrhunderts gelang es Paul Dressler in der Werkstatt
Grootenburg, Reduktionshautcraqueleé
und Ochsenblutrot zu kombinieren, allerdings auf der Grundlage von
Bleiglasuren. Mit seinem Tod 1950 verschwanden auch diese typischen
Gefäße. Erst 25 Jahre später versuchten drei
Keramiker in Saalfeld/Thüringen, Karl Jüttner,
Dietrich Kleinschmidt
und Mario Enke, ochsenblutrote Glasuren
mit Reduktionshautcraqueleé im „Reingeniering“-Verfahren
zu rekonstruieren, was ihnen auch mit unterschiedlichen Erfolg
gelang. Insbesondere Mario Enke erreichte eine hohe Kunst in der
Beherrschung dieser so widerspenstigen Technik, jedoch immer noch
unter Verwendung von Bleiglasuren und bei relativ geringen
Temperaturen gebrannt.
Inspiriert von den harmonischen
Gefäßen Mario Enkes und den besonderen Oberflächen
des ochsenblutroten Reduktionshautcraqueleés hat sich Jörg
Mücket daran gemacht, diese Glasurtechnik
weiter- bzw. zurückzuentwickeln. „Weiter“ und
„Zurück“ ganz im Sinne der Tradition und Qualität
der Glasur, näher zum ursprünglichen Verfahren als
bleifreie Alkaliglasur und gebrannt bei hohen Temperaturen.
Zwei Charakteristika sind das Besondere
der Glasur: Die dunkelrote Farbe – eben das Lang-Yao-Hong,
Sang-de-Boeuf oder Ochsenblutrot – und die charakteristischen
Risse auf der Oberfläche, die sich beim genaueren Hinsehen als
gerissene Haut darstellen - im Gegensatz z.B. zu Krackglasuren im
Raku, bei welchem die Risse durch die gesamte Glasur bis zum Scherben
gehen, also eher „gebrochen“ sind.
Die typische rote Farbe entsteht durch
das Reduzieren von Kupfer-II-Oxid, welches im Glas(ur)fluß grün
bis türkis wird zu Kupferoxydul bzw. Kupfer-I-Oxid. Da dieser
Prozess fließend ist, entsteht im Reduktionsbrand eine
Gesamtfarbpalette von türkisgrün über dunkelrot,
rot-orange bis schwarz, je nach Zeitpunkt und Maß der
Reduktion.
Die Risse wiederum entstehen direkt im
Prozess des Reduzierens. Kohlenstoffhaltiges Reduktionsmittel
entreißt der Glasuroberfläche Sauerstoff, genauer gesagt,
dem Kupfer, und es werden Kohlenstoffatome ( vorübergehend ) in
die Oberfläche der Glasur eingelagert. Dieser Kohlenstoff erhöht
temporär die Oberflächenspannung nur einer geringen
Schicht, einer „Haut“, die sich daraufhin zusammenzieht
und infolge reißt, und so das sehr typische Rissenetz eines
Reduktionhautcraqueleés bildet.
Im Gegensatz zu den übrigen
ochsenblutroten Keramiken, sind die Glasuren Jörg Mücket's
bleifrei und alkalisch, also vollständig ungiftig,
uneingeschränkt im Geschirrsektor einsetzbar, hoch
strapazierfähig und kommen auch in ihrer dunkelroten Farbe dem
Original am nächsten.